Die Norm DIN 7735 spielte über Jahrzehnte hinweg eine zentrale Rolle in der Elektrotechnik, insbesondere bei der Definition von Anforderungen und Prüfverfahren für laminierte, duroplastische Verbundwerkstoffe. Obwohl sie mittlerweile zurückgezogen und durch aktuellere Normen ersetzt wurde, findet sie noch als Richtlinie Anwendung und gerade für die Wartung von Altgräten muss häufig diese Norm herangezogen werden.
Hintergrund und Historie
Die Norm DIN 7735 wurde vom Deutschen Institut für Normung (DIN) im Jahr 1975 entwickelt, um einheitliche Standards für die Herstellung und Prüfung von Laminaten wie phenolharz- oder epoxidharzgebundenem Papier, Gewebe und Glasmatten zu schaffen. Diese Materialien werden insbesondere in elektrischen Maschinen und Geräten eingesetzt, um eine sichere und effiziente Isolierung zu gewährleisten. Die Norm wurde mehrfach überarbeitet und letztendlich durch die DIN EN 60893-Serie ersetzt, um den technischen Fortschritten und veränderten Anforderungen gerecht zu werden. Außerdem ist die neue Norm ein Ergebnis einer Angleichung verschiedener nationaler Normen zu einem gemeinsamen europäischen Standard.
Anwendungsbereich der Norm
Die DIN 7735 legte spezifische Anforderungen für Isoliermaterialien fest, die in einer Vielzahl von Anwendungen verwendet wurden:
- Elektrische Maschinen und Geräte: Einsatz zur elektrischen Isolierung in Transformatoren, Motoren und Generatoren.
- Schaltanlagen für Hochspannung und Niederspannung: Anwendung in elektrischen Schaltanlagen zur Vermeidung von Kurzschlüssen und zur Verbesserung der Sicherheit.
- Industrielle Fertigung: Verwendung in der Produktion von Komponenten, die hohe thermische und elektrische Beständigkeit erfordern.
Technische Spezifikationen
Die technischen Spezifikationen der DIN 7735 umfassten verschiedene Aspekte:
- Materialien: Umfasste thermoplastische und duroplastische Isolierstoffe sowie Verbundwerkstoffe und Schichtpressstoffe.
- Eigenschaften: Definierte Anforderungen an die elektrische Durchschlagsfestigkeit, thermische Beständigkeit, mechanische Festigkeit und chemische Beständigkeit.
- Temperaturklassen: Materialien wurden nach ihrer maximalen Einsatztemperatur kategorisiert, was ihre Eignung für unterschiedliche Anwendungen bestimmte.
Prüfverfahren und Methoden
Um die Konformität der Materialien mit den festgelegten Standards sicherzustellen, wurden verschiedene Prüfverfahren angewendet:
Elektrische Prüfungen
- Durchschlagfestigkeit: Diese Prüfung misst die maximale elektrische Spannung, die ein Material aushalten kann, bevor es versagt. Ein typisches Prüfverfahren beinhaltet das Platzieren des Materials zwischen zwei Elektroden und das Erhöhen der Spannung stufenweise bis zum Durchschlag. Dieses Verfahren ist in der Norm IEC 60243-1 beschrieben.
- Oberflächen- und Volumenwiderstand: Diese Prüfungen bestimmen den Widerstand des Materials gegenüber elektrischen Strömen und helfen, seine Isoliereigenschaften zu bewerten. Die entsprechenden Messverfahren sind in der IEC 32631-3-3 beschrieben.
Mechanische Prüfungen
- Zugfestigkeitstests: Diese Tests messen die Fähigkeit des Materials, Zugbelastungen zu widerstehen. Ein genormtes Probenstück wird in einer Zugprüfmaschine gedehnt, bis es bricht, wobei die maximale Zugfestigkeit nach ISO 527 ermittelt wird.
- Biegefestigkeitstests: Hierbei wird ein balkenförmiges Probenstück auf zwei Stützen gelegt und in der Mitte belastet, um die Biegefestigkeit und den Biegemodul nach ISO 178 zu bestimmen.
- Schlagzähigkeitstests: Diese Tests messen die Fähigkeit des Materials, Energie bei plötzlichen Stößen aufzunehmen. Ein Probenstück wird mit einem Pendelschlaghammer geschlagen, und die absorbierte Energie wird gemessen.
Thermische Prüfungen
- Wärmeformbeständigkeit: Ein Probenstück wird unter einer definierten Last erhitzt, und die Temperatur, bei der eine bestimmte Verformung auftritt, wird gemessen. Dies hilft, die Einsatzgrenzen des Materials in Hochtemperaturanwendungen zu bestimmen.
- Thermogravimetrische Analyse (TGA): Hierbei wird das Gewicht eines Probenstücks in einer kontrollierten Umgebung erhitzt und die Gewichtsänderung kontinuierlich gemessen, um die thermische Stabilität, das Ausgasen bestimmter Bestandteile und Zersetzungstemperaturen des Materials zu bestimmen.
Chemische Prüfungen
- Beständigkeit gegenüber Chemikalien: Materialien werden verschiedenen Chemikalien und Umwelteinflüssen ausgesetzt, um ihre Langzeitbeständigkeit und Eignung für bestimmte Anwendungen zu überprüfen.
Qualitätskontrolle und Zertifizierung
Die Sicherstellung der Qualität und Konformität der Materialien nach DIN 7735 erforderte umfangreiche Qualitätskontrollen und Zertifizierungsprozesse:
Anforderungen an die Qualitätskontrolle
- Rohmaterialprüfung: Vor der Produktion werden die Rohmaterialien auf ihre Reinheit und spezifischen Eigenschaften geprüft, um sicherzustellen, dass nur hochwertige Materialien verwendet werden.
- In-Prozess-Kontrollen: Während der Herstellung werden kontinuierlich Qualitätsprüfungen durchgeführt, um Abweichungen in Echtzeit zu identifizieren und zu korrigieren.
- Endkontrolle: Nach der Fertigstellung werden umfassende Tests durchgeführt, um sicherzustellen, dass das Endprodukt alle Spezifikationen erfüllt.
Zertifizierungsprozesse und -verfahren
- Interne Zertifizierung: Hersteller führen eigene Zertifizierungsprozesse durch, die regelmäßige Audits und interne Prüfungen umfassen.
- Externe Zertifizierung: Unabhängige Prüfstellen wie VDE, der TÜV oder andere akkreditierte Prüfstellen führen Audits und Tests durch, um die Konformität mit der Norm zu bestätigen und Zertifikate auszustellen.
- Dokumentation und Rückverfolgbarkeit: Alle Produktionsprozesse und Qualitätskontrollen werden detailliert dokumentiert, und jede Charge erhält eine eindeutige Identifikationsnummer, um eine vollständige Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.
Vorteile und Herausforderungen der Einhaltung
Die Einhaltung der DIN 7735 Norm bietet zahlreiche Vorteile, ist jedoch auch mit einigen Herausforderungen verbunden. Durch die strengen Anforderungen der Norm werden eine hohe Produktqualität und definierte Eigenschaften sichergestellt, was zu zuverlässigeren und langlebigeren Produkten führt. Diese hochwertigen Materialien bieten eine verbesserte Zuverlässigkeit, insbesondere in anspruchsvollen Anwendungen wie der Elektronik-, Automobil- und Luftfahrtindustrie.
Auf der anderen Seite sind die Herausforderungen bei der Einhaltung der DIN 7735 nicht zu unterschätzen. Hochleistungsverstärkungsfasern und spezielle Harze, die zur Erfüllung der Norm erforderlich sind, können teuer sein, was die Produktionskosten erhöht. Darüber hinaus erfordern die Herstellung und Verarbeitung dieser Materialien spezialisierte Technologien und Fachwissen, was die Komplexität der Fertigungsverfahren steigert. Schließlich stellen die regelmäßigen und umfassenden Prüfungen, die zur Qualitätssicherung unerlässlich sind, einen zusätzlichen Aufwand dar, der jedoch notwendig ist, um die Einhaltung der Norm zu gewährleisten und die hohe Qualität der Produkte sicherzustellen.
Anwendung der DIN 7735 am Beispiel von HGW (Hartgewebe auf Basis von Phenolharz)
Die Norm DIN 7735 spielte eine bedeutende Rolle bei der Definition von Anforderungen und Prüfverfahren für verschiedene Isoliermaterialien, darunter auch HGW (Hartgewebe auf Basis von Phenolharz). HGW ist ein spezifischer Typ von Schichtpressstoff, der durch das Verpressen von Geweben und Phenolharz unter hohem Druck und hoher Temperatur hergestellt wird. Diese Materialien sind besonders widerstandsfähig und stabil, was sie ideal für anspruchsvolle elektrotechnische Anwendungen macht.
Materialklassifizierung: HGW besteht aus phenolharzgebundenem Gewebe, das in Schichten angeordnet und unter Druck verpresst wird. Die DIN 7735 spezifizierte die Anforderungen für diese Art von Schichtpressstoffen, um sicherzustellen, dass sie den hohen mechanischen und elektrischen Anforderungen der Elektrotechnik entsprechen. Die Norm legte fest, welche Eigenschaften die Materialien haben müssen, um als HGW klassifiziert zu werden, einschließlich ihrer mechanischen Festigkeit und elektrischen Isoliereigenschaften.
Anwendungsbereich: HGW wird in vielen elektrotechnischen Anwendungen verwendet, wo hohe mechanische und elektrische Isolierungseigenschaften erforderlich sind. Typische Einsatzgebiete sind Transformatoren, Motoren und elektrische Niederspannungs-Schaltanlagen. Die DIN 7735 legte fest, wie HGW-Materialien in diesen Anwendungen getestet und zertifiziert werden müssen, um ihre Eignung und Zuverlässigkeit sicherzustellen.
Technische Spezifikationen: Die technischen Spezifikationen für HGW, wie sie in der DIN 7735 definiert wurden, umfassen eine Vielzahl von mechanischen und elektrischen Eigenschaften. Dazu gehören die elektrische Durchschlagfestigkeit, die Beständigkeit gegenüber hohen Temperaturen und Chemikalien sowie die mechanische Festigkeit. Die Norm spezifizierte genaue Testmethoden und Grenzwerte für diese Eigenschaften, um sicherzustellen, dass HGW-Materialien den Anforderungen entsprechen.
Zukunft und Weiterentwicklung
Mit der Einführung neuer Normen wie der DIN EN 60893 wurden die Anforderungen und Prüfverfahren aktualisiert, um den technologischen Fortschritten gerecht zu werden. Diese neuen Normen decken ähnliche Anforderungen wie die DIN 7735 ab, bieten jedoch verbesserte Spezifikationen und Anwendungsbereiche, die besser auf die modernen industriellen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Außerdem wurden die nationalen europäischen Normen miteinander harmonisiert und entsprechend in die EN 60893 überführt.
Fazit
Die DIN 7735 hat über viele Jahre hinweg die Standards für Laminierte Thermoset-Isoliermaterialien in der Elektrotechnik gesetzt. Sie bleibt eine wichtige Referenz für die Industrie auch wenn sie mittlerweile zurückgezogen wurde und bietet wertvolle Richtlinien für die Qualitätssicherung. Die kontinuierliche Weiterentwicklung von Normen stellt sicher, dass die Industrie den hohen Anforderungen gerecht wird und innovative Lösungen für zukünftige Herausforderungen findet.